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Valérie Zenatti: Jacob, Jacob

hr-iNFO Büchercheck vom 18.01.2018. Valérie Zenatti, deren Familie aus Algerien stammt, wurde 1970 in Nizza geboren. Heute lebt sie als Schriftstellerin und Übersetzerin in Paris. Ihre Bücher sind in zahlreiche Sprachen übersetzt, zwei wurden verfilmt. Bisher schrieb Valérie Zenatti für Kinder und Jugendliche, ihr neuer Roman „Jacob, Jacob“ ist ihr erstes Buch für Erwachsene. hr-iNFO Büchercheckerin Sylvia Schwab hat den Roman gelesen.

Worum geht es?
„Jacob, Jacob“ spielt im Jahr 1944, Jacob ist ein junger Mann, 19 Jahre alt. Ein algerischer Jude, Sohn einer armen Schusterfamilie. Ein sensibler und intelligenter Kerl, ganz anders als alle Männer um ihn herum. Und dieser Jacob wird von der französischen Kolonialmacht einberufen, um in den Krieg gegen die Deutschen zu ziehen. Nach brutalem Drill in der algerischen Wüste geht es per Schiff nach Frankreich, erst in die Provence, dann in die Ardennen. Abwechselnd erfahren wir von Jacobs grausamem Fronteinsatz, von seiner Freundschaft mit Kameraden aller Religionen, von seinem Tod. – Und auf der anderen Seite von seiner Familie zu Hause, die ihre eigenen Tragödien ertragen muss.

Wie ist es geschrieben?
Valérie Zenatti einen ganz eigenen Stil: ihre Sätze wandern oder mäandern über viele Zeilen und spiegeln die unterschiedlichsten Emotionen. Sie reißen uns z.B. in das intensive Begehren einer verliebten jungen Frau hinein. Oder ziehen uns in Jacobs sehnsüchtige Träume von zu Hause. Sie stürzen explosionsartig durch die eigentlich unbeschreiblichen Kriegsszenen oder sie beschwören atemlos die Panik der jungen Soldaten im Nahkampf. Und sie erzählen von der Schönheit der Stadt und der Landschaft, in der Jacobs Familie lebt.
„Ein namenloses, heftiges Sehnen hat ihn hierhergeführt, auf den Gipfel des schroffen Bergs, in den mit Vogelkot durchsetzten Staub, inmitten von Zedern und schwarzen Zypressen, an denen der Blick hängen bleibt, ein paar Sekunden festgehalten wird, bevor er frei ins sonnenbeschwerte Tal schweifen darf. Aus dieser Entfernung wirken die Wasserfälle reglos, Schaumschleier, die nur hingetupft wurden um die Rinnen entlang der Schluchten zur Geltung zu bringen.“

Wie gefällt es?
Obwohl es ein ernster Roman ist, bedrückt er nicht, weil er den Ton so leicht wechselt, so farbig erzählt und nie bitter oder pathetisch geschrieben ist. Immer wieder taucht ein Bild auf, das man als Zentrum der Geschichte bezeichnen könnte: eine Hänge-Brücke, die zwei Teile der algerischen Stadt Constantine über einen Abgrund hinweg miteinander verbindet. Diese Brücke gibt es wirklich, eine grandiose Konstruktion, hier spielen wichtige Szenen. Und diese Brücke verstehe ich auch als Symbol für diesen Roman: er verbindet Vergangenheit und Gegenwart, Algerien und Frankreich, Juden, Christen und Moslems.

Roman
Einband: gebundenes Buch
EAN: 9783895614620
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Kategorie: hr-iNFO